Naturschutz für Gelben Frauenschuh, Hirschkäfer & Co : 24.05.2024, 15.42 Uhr (2024)

Heute startete ein neues Naturschutzprojekt für stark gefährdete und streng geschützte „Lichtwaldarten“ in Thüringen. Lichte Wälder mit strukturreichen Waldsäumen und hoher Gehölzvielfalt sind Lebensraum vieler gefährdeter Arten, wie der wilden Orchidee Gelber Frauenschuh und dem Hirschkäfer...

Prof. Dr. Stefan Brunzel (rechts) im Gespräch mit der BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm und Jürgen Boddenberg (ThüringenForst) die Besonderheiten des Gelben Frauenschuhs (Foto: R.Kornau)

Zusammen mit Sabine Riewenherm, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, und Umweltminister Bernhard Stengele starteten die Wildtierland Hainich gGmbH, die Fachhochschule Erfurt und ThüringenForst das Projekt. Es läuft sechs Jahre, das Gesamtfinanzierungsvolumen beträgt rund 2,3 Millionen Euro. Das Bundesamt für Naturschutz fördert davon rund 2 Millionen Euro (85 Prozent) im Bundesprogramm Biologische Vielfalt mit Mitteln des Bundesumweltministeriums. Die Förderung des Thüringer Umweltministeriums beläuft sich auf knapp 330.000 Euro.

Die Wildtierland Hainich gGmbH mit ihrer Natura 2000-Station als Leadpartner, der Projektpartner Fachhochschule Erfurt und der Kooperationspartner ThüringenForst AöR werden bis 2029 an mehreren Standorten Thüringens (Rhön, Thüringer Wald und nördliche Vorländer, Werratal mit Hohem Meissner und Kaufunger Wald, Ostthüringen) neuartige Waldnutzungskonzepte entwickeln, erproben und umsetzen. Je nach Zustand werden Flächen entbuscht, gezielt Werthölzer angepflanzt und Schutz für Waldweide (Zäune, Verbissschutz) bereitgestellt. Für Waldbesitzer und Waldbewirtschafter wird ein Handlungsleitfaden erarbeitet und kommuniziert.

Sabine Riewenherm, Präsidentin des BfN: „Die lichtliebenden Tiere und Pflanzen in unseren Wäldern brauchen viel Unterstützung. Darum ist es so wichtig, dass bei dem Projekt in Thüringen die Kräfte aus dem Naturschutz, der Landwirtschaft, Unternehmen, der Bevölkerung oder der Wissenschaft gebündelt werden. Das Management für gefährdete Arten lichter Wälder ist ein wichtiger Beitrag, um dem fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt entgegenzuwirken. Das ist auch der Grund, warum wir das Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt mit rund 2 Millionen Euro fördern."
Bernhard Stengele, Thüringer Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz: „Die sogenannten Lichtwaldarten sind seltener geworden und dadurch besonders wertvoll. Und sie brauchen Orte, die auch für uns Menschen besonders schön sind: leicht schattiger und doch lichter Wald. Für dieses Projekt arbeiten viele Akteure für mehr Artenvielfalt zusammen und es ist besonders wichtig, dass für den Schutz wilder Orchideen und seltener Käfer auch die Waldnutzer und Waldeigentümer frühzeitig einbezogen werden und das Projekt mit unterstützen.“

MaLiWa-Projektleiterin Dr. Juliane Vogt: „Auf über 40 Hektar Fläche in Thüringen werden die Managementmaßnahmen durchgeführt und in Zusammenarbeit mit regionalen Tierhaltern Waldweideflächen etabliert. Sowohl die Beweidung als auch das forstliche Management werden dabei genau auf unsere vier Zielarten – Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus), Hirschkäfer (Lucanus cervus), Heckenwollafter (Eriogaster catax) und Schwarzer Apollo (Parnassius mnemosyne) – auf den Flächen ausgerichtet. Durch parallele Waldinventur und Monitoring der Zielarten wird der Erfolg überprüft und die für die Zielarten notwendigen langfristigen waldbaulichen Maßnahmen beschrieben. Entsprechende Fördermaßnahmen werden durch den Projektpartner Fachhochschule Erfurt konzipiert. Ziel ist es, die erarbeiteten Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für das Waldmanagement für Lichtwaldarten über das Projekt hinaus nutz- und verfügbar zu machen."

Prof. Dr. Justus Eberl, Fachhochschule Erfurt im Lehrgebiet Forstpolitik und Umweltrecht erläutert dazu: „Die Ideen und Konzepte des Projektes sollen mit einem Beihilfeprogramm weiterverbreitet und in die Praxis gebracht werden. Wir wollen möglich machen, dass Waldbesitzer für besondere Waldleistungen auch ein besonderes Entgelt von der Gesellschaft bekommen.“ Bei der Entwicklung eines neuen Beihilfeprogramms gilt es Anforderungen aus dem europäischen Beihilferecht aber auch dem deutschen Recht zu beachten. „Dabei betreten wir beihilferechtlich Neuland, indem wir erstmals Biodiversitäts-Leistungen vergüten wollen, für die es bisher keinen Markt gibt und die sich nicht an Mindererlösen und Mehraufwendungen orientieren. Das betrifft neben der Biodiversität vor allem auch die Klimaleistung der Wälder. Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse daher auch für die Honorierung von anderen Waldleistungen wichtige Impulse liefern können“, so Eberl.

Pier Pernutz, Fachbereichsleiter Hoheit, Wald, Umwelt bei ThüringenForst AöR: „Als ThüringenForst AöR freuen wir uns, als Kooperationspartner an diesem Projekt mitwirken zu dürfen und dabei an die langjährige, konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit in früheren Projekten mit Projektpartnern im Bereich des Naturschutzes anknüpfen zu können. Sehr wichtig ist es für den Erfolg solcher Projekte stets, die Menschen mitzunehmen. Das sind im Wald natürlich auch die privaten und körperschaftlichen Eigentümer.“
Hintergrund: Aufgrund ihrer spezifischen Ansprüche an ihren Lebensraum steht eine Vielzahl von „Lichtwaldarten“ heute auf der Roten Liste der stark gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Arten. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie die halbsonnigen Übergänge zwischen Wald und Offenland bevorzugen oder diese Lichtverhältnisse für einzelne Lebensabschnitte benötigen.

Lichte Wälder mit strukturreichen Waldsäumen, besonderem Mikroklima und hoher Gehölzvielfalt sind Lebensraum vieler gefährdeter Arten. Auf natürliche Art entstehen sie durch Prozesse wie Windwurf, Feuer und besondere Bodenverhältnisse. In der historischen Waldkulturlandschaft Europas boten Nutzungsformen wie Mittelwald- und Niederwald ähnliche Bedingungen. Bei dieser Art der Waldnutzung stand nicht allein die Holznutzung im Fokus, sondern der Wald diente auch als Weide für Rinder, Schafe, Ziegen oder Schweine.
Romy Kornau

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